Entwicklung im ländlichen Raum

Knapp 50% der Schleswig-Holsteiner leben derzeit im ländlichen Raum. Es sind die dort lebenden Menschen, die eigenverantwortlich und dem individuellen Bedarf entsprechend darüber zu entscheiden haben, wie sie ihr Dorf und ihre Region erhalten, weiterentwickeln oder „zurückbauen“ wollen.

Die FDP verfolgt das Ziel, den ländlichen Raum funktionsfähig zu erhalten.

Der Trend zum Leben in größeren Zentren und Städten hält auch in Schleswig-Holstein an. In früheren Zeiten suchten junge Familien die Ruhe und die günstigeren Miet- und Immobilienpreise im ländlichen Raum. Heute steht bei der Wohnortwahl eher das umfangreichere Angebot an Kultur-, Bildungs-, Sozial- und Arbeitsplatzangeboten sowie die dichtere medizinische Versorgung im Fokus. 

Auch der demographische Wandel trägt zur Bevölkerungsabnahme im ländlichen Raum bei.

Mit der Umstrukturierung landwirtschaftlicher Betriebe zu immer größeren Einheiten und der zunehmenden Abwanderung anderer Unternehmen gewinnt der landwirtschaftliche Betrieb als typisch ländlicher Arbeitgeber zunehmend an Bedeutung.

Dies ist eine Momentaufnahme. Die tatsächliche Entwicklung kann sich durch Präferenzänderungen der Bevölkerung jederzeit ändern. Auch lässt sich noch nicht absehen, ob und wie sich Migrationsbewegungen auf den ländlichen Raum auswirken werden.

Um die regionale Vielfalt nicht zu gefährden ist es notwendig, dass Landes- und Regionalentwicklungspläne nur das Grundsätzliche regeln und auch kleineren Kommunen Entwicklungsmöglichkeiten einräumen. Insbesondere sind großzügigere und variable Quoten für die Bebauung und Gewerbeansiedlung notwendig.

Infrastruktur ist die Voraussetzung für Wirtschaftswachstum

Eine zukunftsorientiert ausgebaute und leistungsfähige Infrastruktur ist die wirksamste Voraussetzung für nachhaltiges Wirtschaftswachstum und die Sicherung von Lebensqualität und gleicher gesellschaftlicher Teilhabe.  Ein intaktes Autobahn-, Hauptstraßen- und Schienennetzes, das alle Regionen an die großen Verkehrsachsen anbindet, bildet die  Grundvoraussetzung gleicher wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklungschancen auch ländlich geprägter Regionen.

Gerade im ländlichen Raum gewinnt kommunale Zusammenarbeit zunehmend an Bedeutung. Sie hilft, die Daseinsvorsoge und ihre Qualität zu sichern sowie Kosten zu reduzieren.   

Eine enge Abstimmung und Zusammenarbeit mit Nachbarkommunen und mit ländlichen Zentralorten erhöht die Chance, vorhandene Infrastruktur besser auszulasten. Außerdem lassen sich so mögliche regionale  Doppelstrukturen vermeiden.

Hieraus ergeben sich folgende wesentliche Mindestanforderungen der Daseinsvorsorge im ländlichen Raum:

Schule

Die FDP wird die Bildungsinfrastruktur im ländlichen Raum nicht vorschnell aufgeben.

Sie fordert daher

•         kleine Grundschulen vor Ort als Zweigstellen größerer Schulzentren zu erhalten

•         bei nur vorübergehendem Unterschreiten der Mindestschülerzahl von 44 Kindern,  den Unterricht an diesen Grundschulen durch entsprechend höhere Lehrerstundenzuweisung sicherzustellen,

•         die Berufliche Bildung durch angemessene Ausstattung und Planstellenzuweisung der Beruflichen Schulen und Berufsbildungszentren sicherzustellen.

Darüber hinaus fordert die FDP,

•         dass die Schülerinnen und Schüler im ländlichen Raum ihre zuständigen Schulen in einem angemessenem Zeitfenster erreichen. Wege, die mit dem ÖPNV zurückgelegt werden müssen, sollen für die Klassenstufen 1 bis 4 nicht länger als 30 Minuten betragen. Die Schülerinnen der Sekundarstufe 1 und 2 sollen ihre zuständigen Schulen innerhalb von 45 Minuten erreichen.

KiTa und Krippe

Zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist der Erhalt und die bedarfsgerechte Weiterentwicklung des vorhandenen Ki-Ta- und Krippen-Angebotes im ländlichen Raum unverzichtbar.  Die sehr hohen Betriebskosten von Ki-Ta- und Krippenplätzen belasten alle kommunalen Haushalte. Bei abnehmender Bevölkerung auf dem Lande wächst dieser Kostendruck zunehmend und droht, untragbar zu werden.

Die FDP Schleswig-Holstein fordert daher Bund und Land auf,

•         die Kommunen mit den erforderlichen finanziellen Mitteln auch für die Betriebskosten auszustatten.

Die Chance zur Teilhabe an frühkindlicher Bildung darf nicht davon abhängen, in welcher Region die Kinder leben. 

Pflege und Gesundheit

Menschen möchten am liebsten solange es möglich ist in ihrer gewohnten Umgebung leben. Gerade im ländlichen Rum wird dies im Hinblick auf die Versorgung mit Gesundheits- und Pflegeleistungen eine Herausforderung.

Die FDP Schleswig-Holstein fordert eine gute, breit aufgestellte ärztliche und medizinische Grundversorgung in erreichbarer Entfernung, auch im ländlichen Raum.

Damit sich Ärzte und Therapeuten auch auf dem Lande niederlassen, ist es erforderlich, ihnen attraktive und familienfreundliche  Rahmenbedingungen zu bieten.

Die FDP Schleswig-Holstein will, dass gerade hochbetagte Menschen, also Männer und Frauen die 80 Jahre alt und älter sind, ihr Zuhause nicht deswegen aufgeben müssen, weil sie Angst haben, nicht mehr ordentlich mit Gesundheits- und Pflegeleistungen versorgt zu werden.

Aus diesem Grund fordert die FDP Schleswig-Holstein,

die Gemeindeschwester PLUS’ zu etablieren,  ein präventiv ausgerichtetes Angebot für hochbetagte Menschen, die selbstständig sind aber Unterstützung und Beratung zur weiteren Lebensgestaltung benötigen. Sie soll als weiterqualifizierte Pflegefachkraft Bindeglied zwischen den in der jeweiligen Region vorhandenen ambulanten und stationären medizinischen wie pflegerischen Angeboten (niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, ambulante Pflegedienste, teilstationäre und stationäre Pflegeeinrichtungen) sein.

Sicherheit auch im ländlichen Raum gewährleisten

Auch im ländlichen Raum ist der Schutz des Einzelnen durch eine effiziente Sicherheitsarchitektur von Polizei und Feuerwehren zu gewährleisten. Eine flächendeckende gute Sach- und Personalausstattung der Polizei ist dazu selbstverständlich, eine Rückkehr der Polizei in die Fläche des ländlichen Raumes geboten. Das besondere Engagement der Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren ist ein nicht zu unterschätzender Faktor für die Sicherheit und die Förderung des Gemeinwesens, wie der Jugendarbeit im ländlichen Raum. Auch dies gilt es, nachhaltig zu unterstützen.

Ausbau der Telemedizin

In vielen regionalen Projekten hat der Einsatz von digitalen Anwendungen im Gesundheitswesen bereits einen direkten Nutzen für den Patienten gezeigt. So können telemedizinische Anwendungen die Arzt-Patienten-Beziehung durch einen intensiveren digitalen Austausch, z.B. in Form der ambulanter Schlaganfall-Nachsorge oder der häusliche Betreuung von Herzinsuffizienz-Patienten durch Tele-Krankenschwestern, unterstützen. Damit kann insbesondere für mobilitätseingeschränkte Patienten sowie in ärztlich unterversorgten Gebieten die Zahl der erforderlichen Praxisbesuche verringert werden.

Die FDP Schleswig-Holstein befürwortet daher den Ausbau telemedizinischer Anwendungen unter der Voraussetzung einer bestehenden unmittelbaren Arzt-Patienten-Beziehung.

Verkehr

Regionale Anbindung an die großen überregionalen Verkehrsachsen und zwischen den Regionen ist Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung.  Die FDP Schleswig-Holstein fordert das Land auf, die notwendigen Planungen mit Nachdruck voranzutreiben und die bestehende Infrastruktur zu erhalten und damit endlich die erforderlichen Lebensadern für den ländlichen Raum zu schaffen.

Vorrangig sind der vierspurige Ausbau der B5 bis zur Dänischen Grenze, der Weiterbau der A20 einschließlich Elbquerung sowie der Ausbau der A21 Richtung Kiel und Elbe zu nennen.

Mobilität

Für die in ländlicher Umgebung wohnenden Menschen ist die verkehrliche Anbindung an ländliche Zentralorte,  größere Städte und an  den Schienenverkehr von elementarer Bedeutung. 

In Ergänzung zum ÖPNV werden zunehmend weitere auf die jeweilige Region abgestimmte Mobilitätsangebote wie Anruftaxi oder Bürgerbus entwickelt. Diese Angebote müssen miteinander vernetzt werden.

Die FDP Schleswig-Holstein fordert, dass das Land für die Vernetzung dieser Angebote untereinander und mit dem ÖPNV die notwendige IT-Infrastruktur aufbaut, betreibt und die dafür notwendigen Finanzmittel bereitstellt.

Breitband

Eine  glasfaserbasierte Breitbandversorgung ist für jeden Haushalt und jedes Unternehmen gerade im ländlichen Raum lebensnotwendig. Betriebliche Belange, Onlinebanking, Telemedizin, die Kommunikation mit Behörden ist ohne Breitband undenkbar.

Die gerade in ländlichen Räumen immer noch bestehenden Lücken in der Breitbandversorgung müssen umgehend geschlossen werden. Das ist eine unverzichtbare Voraussetzung bundesweit gleichwertiger Lebensverhältnisse. Die FDP betrachtet die Breitbandversorgung heute als Aufgabe der staatlichen Daseinsvorsorge wie die Versorgung mit Strom und Wasser. Entsprechend ist die Erschließung und Anbindung durch die Kommunen unter Beteiligung der Privathaushalte zu gewährleisten, wobei selbstverständlich nicht nur kommunale Betriebe zu berücksichtigen sind, sondern privaten Anbietern Vorrang zu gewähren ist. Für ländliche Regionen, in denen aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte oder ungünstiger topografischer Verhältnisse eine Breitbanderschließung zu wirtschaftlich tragbaren Bedingungen ohne staatliche Förderung nicht möglich ist, fordert die FDP eine Kostenbeteiligung durch das Land und die Erarbeitung eines Planes zur Sicherstellung der Gesamtbreitbandversorgung in Schleswig-Holstein bis spätestens 2020.

Öffentliche Ver- und Entsorgung

 Sowohl bei sinkenden als auch bei steigenden Einwohnerzahlen kann der Erhalt bzw. der Ausbau der Wasser-und Abwassernetze  im Vergleich zu einer dezentralen Versorgung unwirtschaftlich werden.

Die FDP fordert daher im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, dass die Gemeinden von den in der Gemeindeordnung bestehenden Ausnahmetatbeständen flexibel Gebrauch machen.